Pro Jahr leiden etwa 30-50% der Erwachsenen in Deutschland unter Nackenschmerzen.
In aller Regel sind die Ursachen für diese Beschwerden "harmlos" und sind auf verhärtete Muskulatur und/oder verklebtes Fasziengewebe zurückzuführen. Man spricht hier von myofascialen Ursachen.
Anhaltende Nackenbeschwerden lindern die Lebensqualität oft erheblich.
Der Besuch beim Orthopäden bleibt oft ergebnislos, da keine klaren Ursachen als Auslöser für Ihre Beschwerden identifiziert werden konnten.
Noch dazu gibt es kein Patentrezept diese Beschwerden selbst wieder schnell los zu werden.
Übungen und Aktivität sind ein wichtiger Baustein, jedoch oft nicht ausreichend. Übermäßige Beanspruchung der Nackenmuskulatur bei sportlicher Betätigung kann die Symptome im Nackenbereich sogar noch verschlimmern, da die Muskelspannung noch erhöht statt verringert wird.
Was also tun? Wichtig ist es zunächst den oder die Auslöser möglichst genau zu identifizieren.
Eine Dysbalance zwischen sympathischen und parasympathischen Nervensystem ist oft ursächlich oder zumindest begleitend bei Nackenbeschwerden. Der Sympathikus ist das auf Aktivität angelegte Nervensystem. Das sympathische Nervensystem beeinflusst die Herzfrequenz, den Blutdruck, die Atmung, die Verdauung, die Sexuelle Reaktion, die Schweißsekretion und in entscheidenderweise auch die Muskelspannung. Der Sympathikus ist evolutionär darauf ausgelegt Energie zu mobilisieren um sich aus potentiell gefährlichen Situationen entweder durch Kampf oder durch Flucht befreien zu können.
Nur haben sich jene Gefahrsituationen im modernen Zeitalter verändert. Sus einer 2 minütigen Flucht vor einem gefährlichen Tier in der Steinzeit wurde ein stressiger Acht-Stunden Arbeitstag in dem Höchstleistung geforder wird. Also ist der Sympathikus permanent überaktiv ist. Dies führt zu einer dauerhaften hohen Muskelspannung mit erhöhten Sauerstoffbedarf. Kann dieser Bedarf nicht mehr genügend kompensiert werden entsteht schmerzhafte Verspannungen; der sogenannte ischämische Schmerz. Schmerz aufgrund von mangelnder Durchblutung.
Besonders anfällig für stressbedingte Verspannungen ist der Nacken mit den Muskeln Trapezius und Sternocleidomastoideus, welche beide als einzige Muskeln des Körpers direkte Nervenverbindungen ins Gehirn haben.
Langes Sitzen führt zu einer Überbeanspruchung der Haltemuskulatur und fördert die Entstehung von schmerzhaften Triggerpunkten und Muskelhartspann im Nackenbereich. Langes anhaltendes Sitzen verhindert auch die Bauch/Zwerchfellatmung und führt so auch zu Verspannungen der Rippenhebermuskeln der Brustwirbelsäule durch permanentes Atmen durch den Brustkorb.
Langes Arbeiten vor dem Bildschirm belastet nicht nur Ihre Augenmuskulatur sondern auch die kleine Nackenmuskulatur, die sogenannte suboccipitale Muskulatur welche direkt mit der Augenmuskulatur verbunden ist. Aber auch eine schlechte Schlafposition oder dauerhafte wiederholende Bewegungsmuster bei der Arbeit oder auch beim Schmerz begünstigen Schmerzzustände im Nackenbereich.
Zuallererst müssen seltene schwerwiegendere Erkrankungen durch ärztliche Voruntersuchungen und manuelle Tests ausgeschlossen werden. Es folgt eine anschließende passive und aktive Beweglichkeitsüberprüfung und anschließende gezielte Behandlung.
Jede Behandlung erfolgt an individuell angepasst. Ich arbeite grundsätzlich Myofaszial. Myofasziales arbeitet bedeutet, arbeiten an- und mit der Muskulatur (Myo) und Faszie (faszial). Es findet keine potentiell gefährlichen chiropraktischen Eingriffe an der Halswirbelsäule statt.
Welche Methode letztendlich ausgewählt wird ist hingegen vom Klienten
und seinen Gegebenheiten abhängig
Der Trapezmuskel ist so anfällig für schmerzhafte Verspannungen und Triggerpunkte wie kein anderer Muskel. Kaum ein Erwachsener bei dem keine schmerzhaften Triggerpunkte im Trapezmuskel zu ertasten sind. Dies ist zum einen sicher haltungsbedingt aber zu einem noch größeren Teil vegetativ/stressbedingt. So ist z.B. das Schulter hochziehen eine instinktive Reaktion bei Stress jeder Art und findet unbewusst statt. Die Tatsache dass der Trapezmuskel mit dem Kopfwendermuskel der einzige Muskel ist der direkt aus dem Gehirn nervlich versorgt wird (Nervus Accesorius) legt nahe dass Stress, Gedankenkreisen etc. zu einer Verspannung des Trapezmuskel führen.
Der sogenannte Kopfwendermuskel ist quasi der Bruder/Schwestermuskel des Trapezmuskel der ebenfalls von einem Nerv aus dem Hirn versorgt. Der Kopfwendermuskel ist nicht nur ein wichtiger Muskel für die Kopfwendung sondern auch für die räumliche Orientierung und dem Gleichgewichtssinn.
Von Faszien zu sprechen greift eigentlich zu kurz, man kann ohne Untertreibung das Fasziensystem, dem Organ oder Muskelsystem gegenüberstellen. Faszien sind bindegewebige Strukturen, welche Muskulatur und auch Organe umhüllen, Knochen miteinander verbinden, Energie in Form von Fett speichern und den ganzen Körper als ein Kontinuum durchziehen und so dem viel zitierten "alles ist mit allem verbunden" Richtigkeit verliehen. Faszien spielen auch eine richtige Rolle bei der Körperwahrnehmung, Schmerzwahrnehmung bei Nährstoffversorgung der Zellen, der Energiespeicherung aber auch bei der Stabilität im Raum. Hormone, Metaboliten die den Zellstoffwechsel regulieren wandern schließlich aus dem Blut durch das Bindegewebe um ihre Zielzelle zu erreichen, gleichzeitig wandern Abfallprodukte aus den Zellen durch das Bindegewebe zurück zu den Blutkapillaren.
Heisst im Umkehrschluss: Je weniger durchlässig der Bindegewebsraum, desto schlechter funktioniert der Stoffwechsel. Umso wichtiger ist es Bindegewebe regelmäßig manuell zu lockern. In folgenden Bild ist die Oberflächliche Rückenlinie (ORL) dargestellt, eine fasziale Leitbahn die den ganzen Körper von den Augenbraue bis hin zur Fußsohle rückseitig durchzieht.
Die suboccipitale Muskulatur ist in der Entstehung von Verspannungen und Kopfschmerzen von enormer Bedeutung. Ihre hohe Anzahl von Muskelspindeln (Sinnesorganen in der Muskulatur) unterstreichen auch Ihre herausragende Bedeutung im Punkt von Körperwahrnehmung und auch Koordination.
Als Beispiel im Großen PoMuskel finden sich z.B. 7 Muskelspindeln pro Gramm Muskelmassse, in der suboccipiatalen Muskulatur sind es 36 Muskelspindeln pro Gramm. Von großer Bedeutung ist auch Ihre enge Verbindung zur Augenmuskulatur. Sie können dies selbst testen in dem Sie Finger knapp unterhalb des Schädels im Nacken platzieren, ihre Augen schließen und mit geschlossenen Augen die Augen langsam nach rechts und nach links bewegen.
Sie sollten dann eine Spannungsveränderung der kleinen Muskulatur im Nacken spüren. Heisst im Umkehrschluss; lange Augenbelastung wie z.B. bei der Arbeit am PC belastet ganz automatisch ihre suboccipitale Muskulatur. Sie gelten zudem als Kernstück der ORL (der Oberflächlichen Rückenlinie), das heisst von der suboccipitalen Muskulatur kann die ganze rückseitige Muskelfaszien behandelt werden.
Jahrgang 1980
Staatlich geprüfter Physiotherapeut (Abschluss 2013), Weiterbildungen/Fortbildungen:
Osteopathie an der Wiener Schule für Osteopathie, AORT/Strain Counterstrain nach R. Van Assche, Schmerzphysiotherapie nach Hockenholz, Manuelle Lymphdrainage nach Foeldi, Golgischmerzpunkttherapie.
Mehrjährige Tätigkeit in physiotherapeutischen Praxen in und um München sowie im Ausland (Irland)
Nein. Der Halswirbelbereich ist eine empfindliche Region deshalb findet kein "Einrenken" oder techniken unter Kraftaufwand statt
Ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule kann durchaus Beschwerden im Nackenbereich auslösen aber oft ist nicht der Bandscheibenvorfall an sich die Ursache sondern Spannungen im Myofaszialen Bereich. Eine übermäßige Spannung der HWS Muskulatur kann sogar dazu führen dass die äußere feste Hülle einer Bandscheibe durch den Zug der Muskulatur platzt und der gallertige Kern nach außen tritt. Diese Vorfälle sind aber nur dann schmerzhaft, wenn sie sich an ganz bestimmten Stellen befinden, nämlich da, wo die Nervenwurzeln aus dem Rückenmark austreten. Grundsätzlich gilt ein Bandscheibenvorfall muß dann ärztlich versorgt werden wenn Kraftverlust und Sensibilitätsverlust an Nacken, Schulter oder Handmuskulatur zu beobachten ist.
Es gibt viele verschiedene Arten und Ursachen für Kopfschmerzen. Bei Migräne z.B. nimmt man an dass Serotonin-Rezeptoren in der glatten Muskulatur eine entscheidende Rolle für die Entstehung spielen. Spannungskopfschmerzen hingegen haben Ihre Ursache oft in der Suboccipitalen Muskulatur die sich dann über die Galea Aponeurotika, die Sehnenplatte des Kopfes bis hin zu den Augen fortsetzen können. Beiden Arten gleich ist aber dass myofasciale Triggerpunkte die Schmerzen beeinflussen können, auch bei der Migräne.
Dies natürlich von Person zu Person verschieden. Nach 2-3 Behandlungen sollte sich aber schon eine Verbesserung einstellen